Der Kuss des Vampirs

Poster
Originaltitel:
The Kiss of the Vampire
Jahr:
1963
Eingetragen:
07.03.2011
IMDB-Wertung:
6,3/10
TMDB-Wertung:
6,1/10


Hannes schreibt:

Gerald (Edward de Souza) und Marianne (Jennifer Daniel) befinden sich auf ihrer Hochzeitsreise – mit dem Auto! Eine technische Sensation, insbesondere in der ländlichen Gegend. Allerdings ist dieses neuartige Fortbewegungsmittel auch mit Problemen behaftet: Mitten im Niemandsland geht den beiden das Benzin aus. Da der nächstgelegene Benzinvorrat per Ochsenkarren frühestens in einer Woche hier hintransportiert werden kann (Ochsen sind, so äußert sich Gerald, zwar langsamer, aber immerhin zuverlässiger), steigen sie im nahen Gasthof ab.

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Hier ist man ganz überrascht, überhaupt mal wieder Gäste zu haben: Seit längerer Zeit wird die Gegend von Reisenden gemieden. Immerhin werden die beiden aber gleich von Dr. Ravna (Noel Willman) zum Abendessen auf dessen Schloss eingeladen. Ravnas Familie gibt sich kultiviert und gebildet. Insbesondere Sohn Carls (Barry Warren) hypnotisches Klavierspiel hat eine eindringliche Wirkung auf Marianne. Es folgt eine weitere Einladung zum bald im Schloss anstehenden Maskenball.

Der dauerbetrunkene Professor Zimmer (Clifford Evans) warnt die Frischverheirateten zwar noch, aber wer glaubt schon einem wirren Paranoiker? Die Feier ist ausgelassen – Gerald wird systematisch abgefüllt, während Carl Marianne in ein Observatorium lockt und sie dort einsperrt. Hier wartet bereits Ravna, der Obervampir. Also Gerald am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen aufwacht, erzählen ihm alle, er sei alleine zur Party gekommen und von Marianne will niemand jemals etwas gehört haben.

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Die gleiche gespielte Unwissenheit bezüglich der Existenz seiner Ehefrau schlägt ihm erst auch im Gasthaus entgegen. Auch die Polizei will von den wilden Anschuldigungen gegen die hochrespektierte Familie Ravna nichts hören. Einen Verbündeten findet Gerald erst in Zimmer und dann schließlich in den Wirtsleuten (Peter Madden & Vera Cook), die beide, wie sich herausstellt, ihre Töchter an die Ravnas verloren haben. Doch ist es für Marianne vielleicht auch bereits zu spät?

Ein wenig wirkt es so, denn die beste Szene des Films ist das erste Wiedersehen zwischen Marianne und Gerald nach deren „Initiation“ in die vampirische/satanistische Bruderschaft. Sie spuckt ihrem Mann ins Gesicht, will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ähnlich schlimm ist es mit Tania (Isobel Black), der Wirtstochter – sie wartet nicht etwa auf Rettung, sondern ist zum überzeugten Mitglied der Gemeinschaft des Schlosses.

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Plakativ hat sowas natürlich mit Vampirismus und Hypnose zu tun, doch unterschwellig steckt da mehr hinter: Die tiefsitzende Paranoia vor „anderen“ Lebensstilen. 1963 ist Der Kuss des Vampirs damit zwar noch ziemlich früh dran, aber man könnte den Film durchaus als (reaktionären) Kommentar auf „freie Liebe“ verstehen. Blendet man die beiden Hauptpersonen (Ehepaar) aus, wird hier von zwei Töchtern, die unter nicht näher genannten Umständen einen anderen Lebensweg eingeschlagen haben, als der durch ihrer Eltern vorgegebene („bürgerliche“). Dieser Lebenswandel beinhaltet das Leben in einer „Kommune“ und (andeutungsweise) eine Menge Orgien.

Man könnte jetzt also interpretieren: Die „Töchtergeneration“ wird zu solchen „bösen“ Lebensweisen verführt und das geht so weit, dass sogar die Keimzelle des „gottesfürchtigen“ Lebens, die Ehe, dadurch gefährdet ist. Der Vampirismus steht dadurch deutlich im Hintergrund, wird nur als ein Effekt des „hedonistischen“ Lebensstils dargestellt.

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Solche Überlegungen wurden bereits in Dracula und seine Bräute vorsichtig angedeutet, doch hier wird es zum Hauptthema erhoben. Auch wenn die so vermittelten Moralvorstellungen natürlich allesamt unhaltbar sind, so passen diese Sichtweisen doch bestens ins Vampirgenre. Denn dort geht es ja immer um Paranoia gegenüber „dem anderen“. Üblicherweise ist das die „andere Kultur/Herkunft“, hier ist es die „andere Lebensweise“. Insofern sehr gut gelungen.

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