Das Bildnis des Dorian Gray

Poster
Originaltitel:
Il dio chiamato Dorian
Alternativtitel:
Dorian Gray
Jahr:
1970
Eingetragen:
10.09.2010
Bearbeitet:
08.01.2012
IMDB-Wertung:
5,8/10
TMDB-Wertung:
5,2/10


Hannes schreibt:

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Geschockt stellt Dorian erste Veränderungen fest
Der junge Student Dorian Gray (Helmut Berger) hat recht romantische Vorstellungen vom Leben. Mit einem gewissen Recht, denn alles fliegt ihm geradezu zu. Die Frau seiner Träume findet er beispielsweise, indem er einfach mal ein geschlossenes Theater betritt und dort die Schauspielerin Sybil Vane (Marie Liljedahl) allein probend vorfindet. Es wird betont, Sybil sei noch Jungfrau (ganz normale Themen zwischen Fremden) – aber nicht mehr lange. Mit Sybil führt der zuerst noch recht naive Dorian tiefgründige Unterhaltungen der Marke: „Wen interessiert denn schon das Innere eines Menschen? Nur das Äußere ist es, was uns interessiert!“ Aha. Na ja, wenn man selbst so aussieht, kann man das vielleicht denken...

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Wotton ist durchaus angetan vom ewig Junggebliebenen
Und dann ist da natürlich die Geschichte mit dem Bild, dem Portrait Dorians. Egal, welche Schandtaten Dorian begeht, egal, wie lange er lebt, er bleibt ewig jung und schön; während sein Ebenbild nicht nur die Zeichen des Alters, sondern auch des wilden Lebenswandels, in den Dorian abrutscht, deutlich erkennen lässt. Sybil ist ihm irgendwann dank Selbstmords nicht mehr im Weg – er wird zum beliebten „Playboy“ in der High Society der späten 1960er Jahre, in die er von Henry Wotton (Herbert Lom) eingeführt wird und die er sich nach einer „Übereinkunft“ mit einer älteren Dame auch finanziell locker leisten kann. Nicht nur bei den Frauen, bei denen er sich praktisch alles erlauben kann, ist Dorian beliebt, sondern auch bei den Männern. Doch selbst dieses Leben wird dem Schönling irgendwann langweilig... und sein Gewissen scheint ihn einzuholen...

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Taktischer Fehler: Studienkollege Basil stellt Dorian seine Frau vor
Trotz der Verlegung in die „Gegenwart“ folgt der Film der Vorlage recht eng. Die zentralen Figuren sind ebenso vorhanden wie die bekannten Schlüsselszenen der Geschichte. Und Ende der 60er Jahre konnte man dann auch schon etwas expliziter werden, worin denn nun Dorian Grays „Ausschweifungen“ bestehen, als in früheren Verfilmungen. Wobei man zwar einige leichtbekleidete, gutaussehende Menschen sieht, die diverse sexuelle Aktivitäten andeuten, aber mehr auch nicht (also eigentlich gar nichts). Was überrascht, denn von der Besetzung ist Berger nicht der einzige, der (Soft-) Sexfilmchen in seinem Lebenslauf stehen hat (Entschuldigung: Wenn Berger mitspielt müssen es selbstverständlich hochanspruchsvolle Kunstfilme sein!). Nicht zu vergessen stammt der Film aus Italien, wo es sonst filmisch in den 60er und 70er Jahren deutlich freizügiger zuging.

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Das hat er davon; selbst Schuld!
Seltsam im Rahmen der Zeit, in der der Film spielt, ist jedoch die „moralische Aussage“: Dorian Grays „Sünden“, die sich auf seinem Portrait zeigen, sind teilweise mit den Idealen von „freier Liebe“ absolut vereinbar. Gut, wenn er mal wieder dabei ist, die Ehefrau eines guten Freundes, die sich zu allem Überfluss auch noch (zumindest initial) recht deutlich wehrt, aus reinem Spaß zu vernaschen, dann ist das vielleicht universell „böse“ (da diese sich ja eigentlich durch ihre Heirat gegen einen solchen Lebensstil entschieden hat). Aber wo ist das moralische Problem daran, wenn sich die Hauptperson mit einem anderen Segler in der Hafentoilette vergnügt? So sticht letztendlich, bei allen tatsächlichen Verfehlungen, die sich der Protagonist leistet, eine recht reaktionäre Botschaft hervor.

Immerhin kann man dem Film so eine gewisse Konsistenz bescheinigen. Im Gegensatz zu den unzähligen verlogenen Filmen, die vordergründig „Sex und Gewalt“ verurteilen, aber tatsächlich selbst geradzu darin schwelgen, wird Dorian Gray nicht voyeuristischer, als es sein muss.

Moral hin oder her (vielleicht ist das ohnehin alles überinterpretiert), das tut dem guten Unterhaltungswert, den man aus diesem Bildnis des Dorian Gray ziehen kann jedoch kaum einen Abbruch. Allen in Allem gut gemacht.

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