The Man in the Glass Booth

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Originaltitel:
The Man in the Glass Booth
Jahr:
1975
Eingetragen:
09.12.2023
TMDB-Wertung:
6/10


Hannes schreibt:

Ein schwieriger Film. Maximilian Schell mit wenig überzeugender Glatzenperücke dabei zuzuschauen, wie er mit weit aufgerissenen Augen beinahe eine Stunde lang den Irren spielt, den trotzdem alle um ihn herum so hinnehmen, weil er reich ist und sie gut bezahlt, kann man wohl kaum als unterhaltsam bezeichnen. Insbesondere, dass seine Figur Goldman anscheinend keinen einzigen Satz herausbringen kann, ohne auf sein Judentum expliziten Bezug zu nehmen, nervt bereits nach ca. 2 Minuten.

Dann folgt die große Wendung und man könnte meinen, erst der eigentliche Film. Es könnte interessant werden, Goldman ist also nur die Tarnidentität eines notorischen Nazi-Verbrechers. Also ab ins israelische Gericht. Wo es dann beinahe noch schlimmer wird. Der überaus gerechte, besonnene Richter (Luther Adler), der über allem thront. Die Staatsanwältin (Lois Nettleton) hält schreckliche Reden über „moralische Gesetze“, „Gottes Gesetze“, die über den geschriebenen stünden. Jetzt ist es nicht mehr nur nervig, sondern geradezu ärgerlich!

Doch die letzten fünf Minuten, so theatralisch sie sind, sind ungemein stark. Wenn Schell in Kreuzigungspose verharrt, die Zeit immer langsamer laufen zu scheint, der Ton der Welt um ihn herum von seinen Erinnerungen überdröhnt wird, dann erkennt man, worauf das hinauslaufen sollte. Die ganze moralische Grauzone von Schuld und Sühne, von Bestrafung und Vergeben, von dem, wie viel Horror ein menschlicher Geist überhaupt ertragen kann, bricht über einen hinein.

Ist es dafür wert, bis dahin durch mehr als 100 Minuten zu waten, die rückblickend schon ihren Sinn haben, aber im konventionellen Sinne eben nach Belieben langweilig oder sogar ärgerlich sind? Muss Kunst immer unterhalten? Nein, aber sie sollte unsere Geduld auch nicht überstrapazieren.

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