Die Schatzinsel

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Originaltitel:
Die Schatzinsel
Jahr:
1966
Eingetragen:
24.09.2012
Bearbeitet:
25.10.2020
IMDB-Wertung:
8/10
TMDB-Wertung:
8,1/10


Hannes schreibt:

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Der blinde Pew schleicht verdächtig um den Admiral Benbow
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Jim belauscht ein Gespräch der Meuterer
Robert Louis Stevensons Schatzinsel sollte handlungstechnisch hinreichend bekannt sein. Nicht nur steht der Roman fraglos in zahllosen Bücherregalen, sondern er wurde auch so häufig verfilmt wie kaum ein anderer. Manchmal mit beachtlicher Starpräsenz, manchmal günstiger; manchmal sehr werkgetreu und manchmal auch sehr frei interpretiert. Die vielleicht beste filmische Variante ist jedoch ausgerechnet diese deutsch-französische Koproduktion fürs Fernsehen.

Aufwändige TV-Produktionen haben gegenüber Kinofilmen einen entscheidenden Vorteil, den die Mehrteiler der 60er Jahre bestens ausspielten: Sie können sich einfach mehr Zeit nehmen. In vier Teile zu je knapp 90 Minuten wird der Roman geteilt; allein ein ganzer Film geht für die Vorgeschichte im „Admiral Benbow“, der von Jim Hawkins (Michael Ande) und seiner Mutter (Ilsemarie Schnering) geführten Kneipe, drauf, in der ihnen die Schatzkarte des legendären Piraten Flint in die Hände fällt. Der zweite Film beschäftigt sich dann mit den Vorbereitungen der Schatzsuche und der Reise zur Schatzinsel. „Erst“ die letzten beiden Teile spielen dann überhaupt auf der immerhin titelgebenden Schatzinsel.

Die Dramaturgie des Romans gibt einen solchen scheinbar langsamen Aufbau jedoch ohne Weiteres her: Schon im ersten Teil tauchen fiese Piraten auf, die ebenfalls hinter der Schatzkarte her sind. Der zweite Teil steht ganz im Zeichen des Long John Silver (Ivor Dean), der allen sofort sympathische Koch, der aber natürlich bekanntermaßen der durchtriebene Anführer der späteren Meuterer/Piraten ist. Der dritte und vierte Teil bieten dann Abenteuerromantik pur: Eine Insel voller fremder, wilder Vegetation, Kämpfe zwischen Schatzsuchern und Piraten, ein wahnsinniger (oder nur vereinsamter?) Einsiedler und nicht zuletzt doch nochmal ein spannendes Einzelabenteuer des Protagonisten und Identifikationsfigur Jim, der sich trotz seines jugendlichen Alters gegen ausgekochte Piraten behaupten muss.

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Silver & Konsorten auf Schatzsuche
Doch neben der ausführlichen und wohlgetakteten Erzählweise ist es neben der guten Ausstattung (Kostüme, Kulissen und auch Darstellerauswahl) tatsächlich die Figur des Silver, mit der die Geschichte steht und fällt. Er intrigiert gegen alles und jeden, spielt die Gruppen und Personen gegeneinander aus, mordet und meuchelt… aber trotzdem bleibt er in gewisser Weise ein Sympathieträger. Dean spielt hier zweifellos die Rolle seines Lebens! Mag auch die eine oder andere Szene, insbesondere im zweiten Teil, etwas zu unsubtil geraten sind: Wenn Silver beim Betrachten des im Hafen aufgestellten Galgens ins Stammeln gerät und er sich sehr auffällig an den ihm plötzlich zu eng werdenden Kragen fasst, ist das selbst für jüngere Zuschauer etwas zu simpel in der Bildsprache. Trotzdem ist dieser hochintelligente und völlig unmoralische Pirat die Lichtgestalt des Films. Ansonsten wurden die Darsteller wohl eher nach ihren Gesichtern ausgewählt. Das ist ebenfalls gelungen: Die „Guten“ sieht man weiche, gebildete Gesichtszüge, bei den Piraten kantige, unrasierte Gesichter mit wirren Haaren und abgerissenen Klamotten. So passen alle bestens in ihre jeweiligen Rollen, auch wenn kein anderer Darsteller seiner Rolle so die persönliche Note verleiht, wie Dean es gelingt.

Es gibt also wirklich überhaupt nichts zu Meckern an dieser höchst unterhaltsamen Abenteuerkost. Hieran wird sich jede weitere Verfilmung des Stoffs messen lassen müssen – und keine solche wird es leicht haben. Es sind überhaupt nicht meine schlimmsten Träume, wenn ich nachts die Brandung donnern höre und das von dem tschechischen Männerchor in gebrochenem Deutsch gesungene Lied mir in den Ohren klingt. Ganz im Gegenteil!

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