Vaterland

Poster
Originaltitel:
Fatherland
Jahr:
1994
Eingetragen:
30.03.2022
TMDB-Wertung:
6,2/10


Hannes schreibt:

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Alles bereit für den großen Empfang
Ein besonders interessantes Gedankenexperiment ist das Überdauern des Nazistaates durch Triumph im 2. Weltkrieg zwar nicht. Doch gewinnt Vaterland, Roman wie Film, ihm immerhin einen interessanten ansatzweise Aspekt ab. Die Frage, was aus US-amerikanischer Sicht eigentlich irgendwann schlimmer eingestuft worden wäre: die deutschen Nazis oder die sowjetischen Kommunisten. So befindet sich der US-Präsident Anfang der 60er Jahre auf dem Weg nach Berlin, um dort höchst offizielle Annäherung zu betreiben. Hitler kann dieses Bündnis aufgrund des immer noch tobenden Krieges mit der Sowjetunion gebrauchen. Eine Gruppe ausgewählter amerikanischer Journalisten, darunter Charlie Maguire (Miranda Richardson), soll berichten. Gleichzeitig muss sich SS-Mann Xaver März (Rutger Hauer) mit einer Mordserie unter früher hohen Tieren der Partei herumschlagen. Auch die Gestapo zeigt (etwas zu viel) Interesse.

Der Kriminalfall als Aufhänger, die Zuschauer in diese fremde Welt einzuführen – altbekannt und altbewährt. So gut die Designs des fiktiven Speer'schen Berlins, so ausgelutscht, abgedroschen und schließlich platt die Auflösung. Warum ausgerechnet während des ausländischen Besuchs die Wahrheit über die Judenvernichtung, die Wannseekonferenz usw. durch Mord an den letzten Zeugen/Organisatoren vertuscht werden soll, erschließt sich niemals.

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„Wir waren völlig ahnungslos!“
Dramaturgisch bewegt man sich zwischen Licht und Schatten. Dümmliche, anlasslose expositorische Monologe (insbesondere der endlose von Jean Marsh gehaltene) lassen einen entnervt auf die Uhr gucken. Die kleinen Ausbrüche an Action, beispielsweise bei der Verfolgung und Erschießung des möglichen Informanten am Bahnhof, sind dagegen gezielt eingesetzt und wissen zu gefallen. Ähnlich sieht es bei Hauers Figur aus. Einerseits verkörpert er das üblich verlogene „gute deutsche Gewissen“, da „man“ ja schließlich „nichts gewusst habe“. Andererseits läuft es einem kalt den Rücken herunter, wenn er von seinem eigenen Sohn, völlig indoktriniert vom Staat, verraten wird.

Doch so richtig traut man sich mit keiner der bitteren Aussagen. Alles bekommt immer wieder seine Wendung zum harmlosen, unverfänglichen. Kennedy-Senior ist natürlich doch Moralist und lässt seine Limousine im letzten Moment umdrehen. Xavers Sohn bekommt einen ihn rehabilitierenden Schlussmonolog aus dem Off. Da wäre so viel mehr drin gewesen, doch solchen Mut hatte man bei den Fernsehproduzenten wohl nicht.

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